Dienstag, 30. August 2011

»Perry Rhodan« und die ewig gestrige Presse

• • • Anlässlich des Kinostarts eines Dokumentarfilms über die SF-Serie »Perry Rhodan« veröffentlichte ZEIT ONLINE (hier: http://www.zeit.de/kultur/film/2011-08/film-doku-perry-rhodan) einen Artikel auf ihrer Homepage ... und entlarvt sich selbst oder zumindest den Verfasser als dem Geist des Ewig Gestrigen näher als differenzierter oder gar objektiver Berichterstattung.
• • • Johannes Thumfart heißt der Mann, der heute in den Fanforen und -kreisen für einen empörten Ausschrei gesorgt hat. Er (und sein verantwortlicher Online-Redakteur) haben nämlich besagten Artikel zunächst unter dem Titel »Perry-Rhodan-Dokumentation: Der Ersatz-Hitler aus dem All« ins Internet geschossen und für sowohl entrüstete wie entnervte Reaktionen gesorgt. Viele Liebhaber der seit 50 Jahren erfolgreichen Romanserie zeigen sich in ersten Äußerungen entsetzt über diese Überschrift und langjährige Kenner der SF-Szene rollen über einen neuerlichen Hitler-Vergleich abgegessen mit den Augen. Entsprechend schnell textete ZEIT ONLINE den Titel um in »Der Weltraum als Modelleisenbahn-Keller«. Ja, liest sich schon viel charmanter. Seufz!
• • • Die bisherigen Artikel von Johannes Thumfart bei ZEIT ONLINE wirken so, als wären sie Auftragsarbeiten gewesen. Vielleicht sind seine Texte tatsächlich nach dem Motto »Schreiben Sie uns das mal, sonst hat von uns keiner Lust dazu« entstanden, dieser vorliegende Artikel wirkt jedenfalls weder sonderlich originell noch tief recherchiert. Johannes Thumfart hat halt einfach mal was dahin geschrieben.
• • • Die Reaktionen auf diesen Text bleiben nicht aus und sind entsprechend harsch: Die SF- und Fantasyautorin Uschi Zietsch kommentiert in ihrem Blog (hier: http://blog.fabylon-verlag.de/?p=2248): »[...] Die ZEIT hat einen Artikel über die Fünfzigjährige Serie PERRY RHODAN veröffentlicht, der selbst für BILD-Niveau noch weit unterhalb der Wasseroberfläche liegt. [...]« ... und trifft es damit auf den Punkt. Einen Gefallen haben sich Thumfart und sein Redakteur mit diesem Geschreibsel sicherlich nicht getan.
• • • Thumfart selbst sieht das Ganze als »Missverständnis« und merkt in den Kommentaren zum Artikel an: »Ich habe den Hitler-Vergleich nie angestellt. Ich zitiere in dem Artikel lediglich den Dokumentarfilm, der wiederum einen Monitor-Beitrag aus dem Jahr 1969 zitiert. [...]«. Der Autor sieht sich also missverstanden aufgrund der Auswahl seiner Zitate. Jener Zitate, mit denen er die klischeehafte Betrachtung einer Romenreihe repitiert, wie sie seit Jahrzehnten betrieben wird. Sorry, aber wer den immer wiederkehrenden Hitlervergleich in den Titel eines Artikels packt, der muss sich nicht wundern, wenn er dafür gerügt wird. Wir haben das schon richtig verstanden, Herr Thumfart: Sie haben den Hitlervergleich in die Überschrift gepackt, um Klickquote zu machen, und rudern jetzt von »Missverständnissen« blubbernd zurück.
• • • Wir (und damit meine ich »unsere Gesellschaft«!) brauchen solches ewig gestriges Gewäsch nicht mehr. Wer die Berichterstattung über einen Dokumentarfilm nutzt, um zwecks Quote einen alten Hitlervergleich wieder auf zuwärmen, dessen Dahingetippe sollte man nicht auf die Leute loslassen.
• • • Ich glaube, es war Dieter Nuhr, der sagte: »Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal die Fresse halten«. Wäre in diesem Falle auch besser gewesen. Weil sonst könnte man denken, bei ZEIT ONLINE würde nur das produziert werden, was ich beim ersten Lesen des Namens des Artikelschreibers dachte: einen dummen Furz.

2 Kommentare:

  1. Es war Dieter Nuhr. Komplett heißt das Zitat "Man kann in einer Demokratie eine Meinung haben, man muss nicht. Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal die Fresse halten." Recht hat der Mann.

    Auf meinem Blog habe ich auch was zu dem Artikel geschrieben. Und ich zitiere Joschka Fischer...

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